Jungfrau-Marathon - Erlebnis pur beim ersten Bergmarathon

Interlaken/Schweiz. Nach meiner Langdistanzteilnahme beim Challenge Roth im Juli wollte ich das Jahr eigentlich sportlich ausklingen lassen. Als mir im August jedoch ein Startplatz beim Jungfrau-Marathon in der Schweiz angeboten wurde, konnte ich dieser Versuchung nicht wiederstehen. Da ich bereits in einem Salzbergwerk, in einer Tiefe von 700 m unter der Erde gestartet bin, reizte es mich schon, auch mal in einer gewissen Höhe und zwar bei einem Berglauf zu starten. Also nahm ich das Training nochmals auf, obwohl ich wusste, dass die Zeit bis zum Start am 10.09.11, für eine gute Vorbereitung zu kurz war. Dies nahm ich aber in Kauf, stand dieses Mal doch das Erlebnis im Vordergrund. Da der Jungfrau-Marathon nicht nur als einer der schwierigsten, sondern in den USA auch schon als der schönste Marathon Europas ausgezeichnet wurde, sollte diesem Erlebnis also nichts mehr im Wege stehen. Freitags reiste ich spärlich bepackt, mit dem Zug nach Interlaken/Schweiz, wo ich in einer in einer Jugendherberge in Böningen, unterge bracht war.

In einem Mehrbettzimmer einer Jugendherbergewar ich neben 3 Koreanern auch mit einem Schweizer untergekommen, der in diesem Jahr bereits zum 8-mal beim Jungfrau-Marathon an den Start ging. Nachmittags holte ich mir meine Unterlagen und lies mich erstmals durch die tolle Bergkulisse im Hintergrund inspirieren. Am Samstagmorgen, um 09.00 Uhr erfolgte im 566 Meter hochgelegenen Interlaken, mit Blick auf die Jungfrau, der Startschuss. Bei Temperaturen von 17 Grad setzten sich 4500 Starter in Bewegung, um das Ziel auf der 2100 m hoch gelegenen „Kleinen Scheidegg“, am Fuße des berühmten Dreigestirns Eiger, Mönch und Jungfrau zu erreichen. Die Strecke führte über Böningen am Brienzer See und Wilderwil nach Lauterbrunnen. Die ersten 26 km bis nach Lauterbrunnen sind überwiegend flach und man hat bis dahin lediglich 250 Höhenmeter zu bewältigen. Danach beginnt der eigentliche Bergmarathon. Es folgt ein steiler Anstieg von ca. 4 km nach Wengen, bei dem 500 Höhenmeter zu bewältigen sind. Ab Wengen sind es dann nochmals 1000 Höhenmeter, an der Eigermoräne vorbei, bis hoch auf eine Höhe von 2205 m, dem höchsten Punkt der Strecke. Anschließend geht es wieder etwas bergab bis ins Ziel der „Kleinen Scheidegg“.

Da meine Ambitionen dieses Mal andere waren und das Erlebnis im Vordergrund stand, wollte ich so viel es ging, von der Landschaft mitbekommen. Dennoch hatte ich mich die letzten Wochen vorbereitet und wollte zumindest gut durchkommen, ohne eigentlich richtig zu wissen, was da auf mich zukam. Obwohl ich zügig anlief, wurde ich zu Beginn an von Läufermassen überholt, von denen ich viele wieder einholen sollte. Zunächst ging es bei wunderschönem Wetter und wolkenfreiem, blauen Himmel durch ein Tal, entlang eines Gebirgsbaches nach Lauterbrunnen. Bis dahin hatte ich mir die Kräfte gut eingeteilt und lies mich nicht von anderen Läufern dazu verleiten, schneller zu laufen. Ich freute mich, als es nach 26 Kilometer erstmals richtig hoch ging. An der sogenannten „Wenger Wand“ war der erste Anstieg so steil, dass der Veranstalter diesen Streckenabschnitt bereits alle 250 m ausschilderte. Viele Läufer, die mich vorher überholt hatten, konnten diesen Anstieg nur gehend bewältigen. Ich schaffte es, die 4 km langen Serpentinen, die mit vielen engen Spitzkehren versehen war, durchzulaufen, allerdings brannten die Waden dabei doch schon heftig.

Anschließend ging es auf einem welligen Profil hoch bis Kilometer 36. Ich merkte, dass meine muskulären Kräfte zunehmend schwanden. Vom Puls her waren die Anstrengungen kein Problem, allerdings brannten meine vorderen Oberschenkel und waren so stark angespannt, dass ich immer öfters kurze Gehpausen einlegen musste. Dies störte mich aber nicht weiter, nahm ich mir dabei doch mehr Zeit um die gigantische Bergkulisse zu genießen. Nach Kilometer 36 wurde es dann wieder richtig heftig.
Bei einer Steigung bis zu 20 % ging es hoch zur Eigermoräne, vorbei an der Wengeralp, dort wo das Lauberhornrennen stattfindet. Hier lief kaum noch jemand, alle gingen und ich merkte, dass auf Grund der Höhe auch die Luft dünner wurde. Ein tiefes Einatmen war irgendwie nicht mehr möglich. Hinzu kam, dass diese letzte Wegstrecke lediglich aus einem kleinen, mit Steinen besetzten Pfad bestand, wo ein überholen kaum noch möglich war. Man reihte sich einfach in die Schlange der vielen Läufer ein. Dennoch dieser 5 km lange Anstieg bis hoch auf km 41 hatte es in sich. Selbst beim Gehen, machten die vorderen Oberschenkel zu, so dass ich jeden Moment dachte, ich müsste stehenbleiben. Ich schaffte es glücklicherweise bis zum höchsten Punkt der Strecke und freute mich einfach, den letzten Kilometer hinunter ins Ziel, nur noch ausrollen zu lassen.

Nach 4:09:50 Std. hatte ich mein persönliches Ziel, einen tollen Wettkampf zu erleben, erreicht. Da ich mich bereits während des ganzen Wettkampfes von der faszinierenden Land schaft inspirieren ließ, blieb ich noch einige Stunden oben im Zielbereich und genoss den Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau sowie das Berner Oberland.



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