Ironman Hawaii - 11 Jahre später das Ziel erreicht

Genau 11 Jahre nach meiner ersten Teilnahme beim legendären Ironman Hawaii, stieg ich am 13.10.18, erneut in die Fluten des Pazifiks. Jedoch hatte ich dieses Mal ganz andere Ziele. Allerdings war es bis dahin ein langer Weg.

Als ich 2007 erstmals in Hawaii startete, war es bis dahin, erst meine dritte Langdistanz. Von einem sehr guten Ergebnis und meiner damaligen Qualifikation, beim Ironman Frankfurt geblendet, ging ich mit einer bestimmten Zielzeit an den Start, die ich bei Weitem nicht erreichen konnte. Die Enttäuschung war groß und es nagte eine lange Zeit an mir. Ich bin mir sicher, dass es an mangelnder Objektivität, vielleicht auch an zu wenig Erfahrung, aber vor allem an der notwendigen Lockerheit lag. Ich hatte damals wenig Sinn für alles, was um das Rennen geschah und was die Insel an Schönheiten und Mythen zu bieten hat. Zu sehr war ich im Tunnel. Deshalb sollte dieses Mal alles anders werden. Das war mein Ziel!

Im Jahre 2011 sagte ich bei meiner, bis dahin letzten Langdistanz, dem Challenge Roth, dass dies mein letztes Rennen wäre. Ich wollte mir aber „die Tür nicht ganz zu machen“ und sagte, dass wenn ich 50 Jahre alt werde, ich gerne nochmal nach Hawaii will. So etwas kann man ja leicht sagen, bei 7 Jahren, die dazwischen liegen. Ich kann Euch sagen, die Jahre vergingen schneller, als ich dachte. Da ich mein Wort nicht brechen und natürlich selbst wissen wollte, ob ich es nochmal schaffe, ging ich den gleichen Weg wie damals und meldet mich für den Ironman Germany in Frankfurt 2018 an, also bei dem Rennen, bei dem ich mich auch 2007 für Hawaii qualifizierte.
Das Ergebnis ist Euch bekannt, mit einer Zeit von 09:49:04 Std., qualifizierte ich mich für Hawaii. Im Ziel war ich völlig fertig, gezeichnet von muskulären Schmerzen, die durch eine längere Laufpause zuvor, begründet waren.


Nach 11 Monaten Vorbereitung, in der ich so viel wie nie zuvor trainierte (310 km Schwimmen, 9.200 km Radfahren, 1.600 km Laufen), kehrte ich 11 Jahren später nach Big Island, der größten hawaiianischen Insel zurück.

Dieses Mal war alles anders. Ich hatte ein für mich ganz wichtiges Ziel schon erreicht, obwohl ich mich noch nicht mal am Start befand. Ich hatte meine Familie, meine Frau Monika, meine Tochter Anna und meinen Sohn Jakob dabei.

Das war mir wichtig. Ihnen wollte ich zeigen, warum ich und viele Gleichgesinnte, hier und zu Hause, so viel Entbehrung für diesen Sport und auch für diese Teilnahme hier, auf sich nehmen. Bereits am 02.10.18, nach einem 3-tägigen Stopp in San Francisco, kamen wir auf der Insel an und bezogen ein Apartment am Alii Drive, auch Häuptlingspfad genannt. Es blieb also genügend Zeit die Insel kennenzulernen. Natürlich war mir auch das Sportliche wichtig, keine Frage und so hatte ich auch noch 11 Tage Zeit, mich an die extrem klimatischen Bedingungen zu gewöhnen und mich final auf den bevorstehenden Wettkampf vorzubereiten. Von Tag zu Tag kamen immer mehr Athleten aus aller Welt auf die Insel. Immer mehr Athleten säumten sich auf den Wettkampfstrecken.

Meine Anspannung stieg täglich, die natürlich am Wettkampfmorgen seinen Höhepunkt fand. Das hatte sich zumindest seit 2007 nicht geändert!!

Während der Rennwoche waren einige Termine einzuhalten, wie das Abholen der Wettkampfunterlagen, Wettkampfbesprechung und am 12.10.18, einen Tag vor dem Rennen, die Radabgabe sowie das Abgeben der Rad- und Laufbeutel. Diese Abgabe hatte schon etwas Endgültiges und versetzt einem schlagartig in den Wettkampfmodus.

Was hatte ich mir vorgenommen? Ich hatte mir vorgenommen, während des ganzen Rennens und insbesondere, wenn es einmal im Rennen nicht so laufen sollte, dankbar zu sein, hier noch Mal starten zu dürfen. Außerdem wollte ich während des Rennens immer einen kurzen Augenblick der Aufmerksamkeit für meine Familie haben, wenn sie mich an der Strecke anfeuern.

Sportlich gesehen, wollte ich das Rennen ohne körperliche Beeinträchtigungen durchstehen, die mich zu einer möglichen Aufgabe oder zum Gehen zwingen könnten und ich wollte als „Daylight-Finisher“ ins Ziel kommen.
Eine bestimmte Zeit hatte ich mir nicht vorgenommen, aber meine Zeit von damals, 10:16:17 Std., zu unterbieten, daran hatte ich schon gedacht. Die Vorstellung unter 10 Stunden ins Ziel zu kommen, was bereits damals ein Traumergebnis war, relativierte sich doch schnell, als mir nach der Ankunft auf der Insel, die klimatischen Bedingungen wieder bewusst wurden. Allerdings hatte ich auch immer die Worte meines damaligen Begleiters Paul Guckelsberger im Sinn, der 2007 ebenfalls mit mir hier startete. Paul, der auf Grund eines schweren Radunfall, sein Ziel einer erneuten Teilnahme in Hawaii, bis jetzt nicht verwirklichen konnte, gab mir folgende Worte mit auf den Weg „siempre ve la victoria“ – Sehe immer den Sieg.


Am Raceday, klingelte um 03.30 Uhr der Wecker, ich hätte ihn nicht gebraucht! Nach dem immer gleichen Muster der Vorbereitung, ging es dann in den Start-/Zielbereich zum Body Marking, wo jeder Athlet seine Startnummer als Tattoo auf beiden Arme erhielt. Nun gab es kein Zurück. Vor mir lagen 3,86 km Schwimmen im Pazifik, 180,2 km Radfahren und ein abschließender Marathon von 42,2 km, bei glühender Hitze.
Um 06.40 Uhr fiel dann der Startschuss, zunächst für die Profimänner und –frauen. Anschließend konnten alle ca. 2300 Altersklassenathleten ins tiefe Wasser und warteten dort an der Startlinie, auf den Kanonenschuss, der um 07.05 Uhr, das Rennen eröffnete.
Auf Grund des Massenstarts, aber auch auf Grund der Wellen, war es zunächst sehr schwierig, die richtige Position und vor allem einen Rhythmus zu finden, wurde dieser doch durch ständiges Hauen, Schlagen, Ziehen und Drücken unterbrochen. Nach einer gefühlten Ewigkeit gelang es mir, mich freizuschwimmen und so stieg ich nach einer Zeit von 1:08:29 Std. aus dem Wasser, einer Zeit, mit der ich nicht gerade zufrieden war, aber leben konnte.
Nach ein paar Kilometer auf dem Rad durch Kailua-Kona, ging es sehr schnell auf den Highway, der mich in die eintönige Lavalandschaft führte.
Bedingt durch die klare, vorherige Ansage der Wettkampfrichter, Windschattenverbot oder unsauberes Fahren sofort und konsequent zu bestrafen, bedurfte es einer hohen Konzentration, regelkonform zu fahren.
Allerdings musste ich mehrfach feststellen, dass ganze Radgruppen, wie an einer Schnur gezogen, an mir vorbeifuhren und die ich anschließend wieder komplett überholen musste, weil mir dessen Geschwindigkeit im weiteren Rennverlauf zu niedrig war. Das war schon sehr kraftraubend. Als mir kurz vor dem Wendepunkt in Hawi, zwei sehr große Radgruppen entgegenkamen, war ich doch sehr verärgert über diese Unsportlichkeit und vor allem, dass es nicht wie angedroht, bestraft wurde. Ich konzentrierte mich dennoch auf mein Rennen.
Auf der zweiten Hälfte der Radstrecke, konnte ich meine Durchschnittsgeschwindigkeit um 2 km/h, auf 36 km/h steigern, was sicherlich auch auf Grund der guten Wetterverhältnisse möglich war. Nach einer Radzeit von 5:00:02 Std., kam ich hochzufrieden in die Wechselzone und realisierte, dass ich meine Radzeit gegenüber 2007, um 39 Minuten verbessert hatte. Nun lag „nur“ noch der abschließende Marathon, meine eigentlich stärkste Disziplin, vor mir. Ich hoffte, dass ich mich auf meine Muskulatur verlassen konnte, saß der Stachel des quälenden Laufsplits vom Ironman Frankfurt, doch noch sehr tief. Bei glühender Mittagshitze, war jeder Kilometer eine extreme Herausforderung.
Von Beginn an, war mein Puls viel zu hoch und ich wusste, dass ich diesen reduzieren musste, um nicht im Rennen zu „platzen“. Ich lief daher etwas langsamer, aber der Puls ging nicht merklich runter.

Dies bedeutet, dass ich von Anfang an, hart am Limit, allerdings stets kontrolliert laufen musste.

Der Streckenverlauf führte alle Athleten zunächst durch den Ort Kailua-Kona, bevor es erneut in die „Lavawüste“ hinaus, zum absolut heißesten und windstillsten Punkt der Insel, dem „Energylap“ ging. Hier war es vor allem ganz wichtig, sich ausreichend zu verpflegen sowie mit Eis und Schwämmen seine Körpertemperatur runter zu kühlen. Das gelang mir offensichtlich recht gut, zumal ich auf den letzten Kilometern mein Tempo noch etwas steigern konnte.
Erst bei Kilometer 40 der Laufstrecke, kurz vor der Palini Road, schaute ich erstmals auf meine Gesamtzeit und realisierte, dass ich deutlich unter der 10 Std.-Marke bleiben werde. Ein tolles Gefühl. Die letzten 2 Kilometer ins Ziel, wurden zu einem Genuss. Ich hätte jeden umarmen können und war einfach nur dankbar. Bereits viele Meter, bevor ich wieder auf den Alii Drive, Richtung Ziel einbog, hörte ich bereits die Stimme des Zielsprechers und nahm die Stimmung entlang des Zielkanals war. Dann war es soweit, ich bog nach rechts ab und lief dem Ziel entgegen, vorbei am Haus des ehemaligen Königs Kamehameha I., der Große. Großartig fühlte es sich an, vorbei an den vielen jubelnden Zuschauer, die mich ins Ziel trugen. Sie zogen mich quasi nach vorn, obwohl ich es „noch“ gar nicht wollte. Endlich kam der Teppich, der für alle Athleten ausgerollt war.

Ich sah den Zielbogen und wusste, gleich ist alles geschafft. Dort fiel alles von mir ab und ich erinnerte mich an die lange Zeit, die hinter mir lag.

Als ich kurz vor dem Zielbogen meine Familie sah und anhielt, konnte ich es kaum glauben, ich war an meinem Ziel angelangt und hatte es nach 11 Jahren endlich erreicht. Ich glaube die Bilder des Zieleinlaufs zeigen sehr deutlich, was ich mit meinen Worten in diesem Bericht erzählen wollte. Als ich durch den Zielbogen lief, blieb die Zeit bei 09:55:32 Std. stehen.

Eine tolle Zeit, die mir zeigt, dass vieles möglich ist, auch wenn man außerhalb des Tunnels kämpft und trotzdem versucht, alles zu geben. Nach einem beeindruckenden Tag, hatte ich meinen inneren Frieden gefunden und war endlich mit mir im Reinen.

Da ich aber auch weiß, dass man dies nicht alleine schafft, gehört es genauso dazu, dass man sich an dieser Stelle bei ganz vielen Menschen bedanken muss, die alle ein Teil des Puzzles sind und geholfen haben, dass daraus ein Bild entstand. Das sind vor allem die Menschen, die während der letzten 11 Monate immer zu kurz kamen und die es nun verdient haben, hier in voller Länge genannt zu werden.
Allen voran möchte ich mich bei meiner Frau Monika bedanken, die mich, wie viele Partner Gleichgesinnter, als Egoist ertragen musste, der nie da war, nie Zeit hatte, noch weniger zuhörte und die Person war, die alles zu Hause abfangen musste, von dem ich möglicherweise vieles gar nicht mitbekam.
Aber auch meine beiden Kinder, dürfen sich freuen, dass sie mich endlich wieder für das brauchen dürfen, für das Papas eigentlich da sind.
Danke an unsere Freunde Katja und Steve, die bereits in Frankfurt mitfieberten, mich während der ganzen Vorbereitung pushten und die es sich nicht nehmen ließen, mich/uns auf der Reise nach Hawaii zu begleiten. Es war toll mit Euch.
Vielen Dank an meine Verwandten und meinen Freundeskreis, dass ihr Rücksicht genommen habt, weil ich meistens nie da war, nicht lange bleiben konnte und immer nur müde war. Ich verspreche, dass wird wieder anders.
Danke an Bernd Lotz aus Dreikirchen und Uli Becker aus Diez, für die stets gute und schnelle medizinische Betreuung und fürs zwischenzeitliche Zusammenflicken.
Meine Kollegen der Polizeiinspektion Westerburg haben ebenfalls einen Dank verdient und haben mir gezeigt, dass auch außerhalb des Sports, ein gutes Team sehr wichtig ist. Für die Unterstützung meines Arbeitgebers, der rheinland-pfälzischen Polizei, bin ich natürlich ebenfalls sehr dankbar.
Nicht vergessen und bedanken möchte ich mich für die Unterstützung und dass gute Miteinander, bei Hans Kaulbach, von der Firma TEAMWELDER, Bernhard Münz, von der Firma MÜNZ TEAMKLEIDUNG, der mich bereits vor 11 Jahren unterstützte, Michael Gaul, von der Firma BIKESnBOARDS in Butzbach und bei Armin Blank aus Elbtal.
Vielen Dank meinem Verein, dem Kern-Haus Team RSG Montabaur, meinen Vereinskollegen sowie meinem Freund und Trainingspartner Frank Güttler, auf den ich immer zählen konnte, wenn’s mal irgendwo eng wurde.
Zu guter letzt ist es mir aber auch wichtig, mich zu bedanken, bei den vielen Freunden, Bekannten und Wegbegleitern, für den positiven Zuspruch, während der ganzen Zeit, sei es persönlich, über die sozialen Medien oder auf einem anderen Weg. Aber auch fürs Mitfiebern und das Daumendrücken am Fernseher, Computer, Handy oder dass ihr sonst in Gedanken bei mir wart. Es hat mich riesig gefreut und ich glaube, dass jeder Daumen irgendwie geholfen hat.

Zum Abschluss sage ich nur

Mahalo iāʻoe no ke kākoʻo
(vielen Dank für die Unterstützung)



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