„Challenge Roth 2011 – das war´s!“
Persönlicher Erlebnisbericht über eine Langdistanz im Mekka des Triathlons

Endlich, es war Sonntag der 10.07.2011. Zehn Monate Vorbereitung lagen hinter mir, die geprägt waren von Entbehrung, Quälerei, Selbstzweifel, aber auch Hoffnung, Zuversicht und eine riesige Freunde darüber, dass es nun endlich losgeht. Was vor mir lag, waren 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen, die es wieder einmal galt, zu bewältigen. Dieses Mal wollte ich es noch einmal wissen, dieses Mal sollte alles besser werden, mit dem Ziel, nicht nur eine neue Bestzeit aufzustellen, sondern eine Sub 9 zu erreichen. Dafür hatte ich viel trainiert, sehr viel. Ob es sich gelohnt hat? Diese Frage stand kurz vor ihrer Beantwortung.
Bereits 2 Tage vor dem Wettkampf reiste ich zusammen mit meinem Trainingspartner Frank Güttler nach Roth, der dort ebenfalls an den Start ging. Gemeinsam hatten wir ein Quartier, unweit vom Schwimmstart bezogen. Alles war gut vorbereitet und wir waren früh genug da, so dass keine Hektik aufzukommen brauchte. Bevor wir unsere Startunterlagen abholten, fuhren wir schon mal an den Schwimmstart, um uns ein erstes Feeling zu holen. Noch war es ruhig am Kanal, was sich bald ändern sollte.

Bei der Startnummernausgabe trafen wir Torsten und Robert, weitere Mitglieder unseres Vereins, die ebenfalls am Sonntag an den Start gingen.

Am Samstagmorgen lies ich es dann ganz locker angehen, nur kein Stress, was sich im Laufe des Tages aber noch ändern sollte. Zunächst machte ich mein Rad fertig, veränderte aber nichts mehr am Material, da ich alles in den letzten Wettkämpfen ausreichend getestet hatte. Gemeinsam mit Frank fuhr ich nachmittags zum Bike Check, am Schwimmkanal in Hilpoltstein. Dort ging alles recht geordnet und locker zu, bis zu dem Zeitpunkt, als ich dort einchecken wollte. Ich zeigte mein Rad und meinen Zeitfahrhelm vor. „Sie können nicht einchecken“ hieß es, da mein Helm nicht in Ordnung wäre. Durch einen ca. 1 mm langen Riss im Bereich des Ohres, wäre der Helm in seiner Gesamtheit instabil, so die Begründung. Kurios war nur, dass ich mit dem Helm bereits die ganze Saison startete und dabei teils von den gleichen Kampfrichtern kontrolliert wurde. Die innere Ruhe war dahin, um es mal vorsichtig zu formulieren. Das größte Problem war es nun, auf die Schnelle einen passenden Helm für den morgigen Wettkampf zu bekommen. Da bereits über 100 Zeitfahrhelme bemängelt wurden und in Roth und Umgebung kein Helm mehr aufzutreiben war, hatte ich ein ernstes Problem. Glücklicherweise konnte ich Jens Kaiser vor Ort erreichen, der ebenfalls in Roth startete und der mir dankenswerterweise seinen Trainingshelm überlies. Also zurück zum Schwimmstart und diesmal klappte es auch mit dem Einchecken. Da wir am Abend, nach der Wettkampfbesprechung, in einem Lokal bis 22.00 Uhr auf zu Essen warten mussten, kam ich erst um 23.00 Uhr ins Bett. Eine optimale Wettkampfvorbereitung sieht sicherlich etwas anders aus, treu nach dem Motto „morgen kann es nur besser werden“. Der Morgen kam, besser wurde es aber nicht, im Gegenteil.
Am Sonntagmorgen ging es bereits früh um 05.00 Uhr zum Start. In der Wechselzone, an meinem Rad angekommen, musste ich dann mit Schrecken feststellen, dass das Vorderrad einen Plattfuß hatte. Der Ruhepuls war erstmals an diesem Tage völlig ausgehebelt. Nun hieß es, ruhig bleiben und den Defekt schnell beheben. Zum Glück organisierte ich noch 2 Ersatzschläuche, die ich mit 20 Euro teuer bezahlten musste. Was wird mich bei diesem Wettkampf noch alles erwarten? Mit diesem Gedanken stieg ich in den Kanal. Doch ich brauchte nicht länger nachzudenken, denn da fiel schon der Startschuss und das war auch gut so.
Von Beginn an, ging es mit dem „normalen“ Hauen und Schlagen los. Zweimal wurde mir die Brille runter geschlagen, was mich an diesem Morgen aber auch nicht mehr weiter aus der Ruhe bringen konnte. Schnell fand ich Füße, an die ich mich dranhängen konnte. Obwohl ich während des Schwimmens kein gutes Gefühl hatte und meinte, mich nicht richtig quälen zu können, stieg ich mit persönlicher Schwimmbestzeit von 58:05 min aus dem Kanal, was mich in dem Moment doch positiv überraschte. Der Anfang war gemacht und die Zeit lies mich auf einen guten Wettkampf hoffen. Nach einem schnellen Wechsel ging es aufs Rad. Bei der Ausfahrt der Wechselzone, wurde ich bereits erstmals von meinen Vereinskameraden angefeuert, was mich zusätzlich motivierte.

Ich versuchte auf dem Rad von Anfang an Druck zu machen, rutschte aber bereits nach 1 km, beim Überqueren des Kanals links aus den Pedalen und verletzte mich dabei an der Wade. Zunächst lief aber noch alles nach Plan. Dennoch bemerkte ich nach 20 Kilometer bereits, dass mir irgendwie die Kraft fehlte und ich vom Puls einfach nicht auf „Touren“ kam. Obwohl ich dies merkte, konnte ich mich mental nicht aufrappeln, dagegen anzugehen. Während des Rennens suchte ich natürlich nach Antworten, die ich in den vielen „Pannen“ bereits vor dem Wettkampf suchte. Dennoch konnte ich es mir nicht erklären, hatte ich mich doch diesmal akribisch vorbereitet und war mir sicher, eine neue persönliche Bestzeit zu erreichen. Fakt war einfach, dass an diesem Tag auf dem Rad nicht viel ging, zumindest nicht so, wie ich es mir annähernd vorgestellt hatte. Ich hielt aber durch und freute mich, trotz des Einbruchs auf einen Radsplit von 4:58:33 Stunden. Nach einem sehr schnellen zweiten Wechsel, war ich nach genau 6 Stunden auf der Laufstrecke. Mein großes Ziel Sub 9 konnte ich zwar nicht mehr erreichen, hatte ich aber wieder neue Hoffnung geschöpft, vielleicht doch noch meine persönliche Bestzeit von 9:11 Std. zu unterbieten.

Ich merkte, dass meine Beine locker waren und so ging ich auch die ersten 10 km schneller an, als ich mir ursprünglich vorgenommen hatte. Fälschlicherweise dachte ich, dass ich die auf dem Rad nicht verbrauchten Körner beim Laufen einsetzten könnte. Bis km 15 lief auch alles prima und ich war wirklich guter Dinge. Dann aber, urplötzlich merkte ich, dass ich langsamer wurde. Jeder Kilometer wurde schwerer, ich haderte mehrere Kilometer mit mir und merkte dass meine Geschwindigkeit immer mehr abnahm.
Schnell war auch das nächste Ziel dahin. Die Enttäuschung über das nicht Erreichen der gesteckten Ziele, beschäftigten mich zunehmend und ließen mich in ein tiefes Loch fallen. Gott sei Dank, besann ich mich dann irgendwann wieder und stauchte mich innerlich selbst zusammen, endlich mit dem Jammern aufzuhören. Ab diesem Zeitpunkt nahm ich es erstmals so hin wie es war und sagte mir, dass ich an der Situation nun nichts mehr ändern kann. Mit diesem Moment fasste ich neue Motivation. Die Schritte wurden zwar nicht leichter und die Füße schmerzten noch genauso, ich war mir aber sicher, dass ich diese letzten 20 Kilometer auf jeden Fall noch durchstehen werde. Ich sagte mir, was waren 20 Kilometer im Vergleich zu dem, was ich bereits trainiert habe und fand mich dabei in Gedanken auf allen möglichen Trainingstrecken wieder. Ich spulte nun Kilometer für Kilometer runter und versuchte alles Positive mitzunehmen, was irgendwie ging. Die Kilometerzeiten wurden wieder schneller, zwar nicht so schnell, wie ich mir vorgenommen hatte, aber ich merkte, dass ich dennoch eine gute Endzeit erreichen konnte.
Als ich dann endlich nach Roth hineinlief und ich wusste, dass nur noch eine kleine Runde durch die Innenstadt zu absolvieren war, genoss ich jeden Meter. Ich klatschte viele der mir entgegengestreckten Kinderhände ab und hatte dabei genauso viel Spaß wie die Kleinen. Je näher ich dem Ziel kam, umso mehr freute ich mich über meine Leistung, die ich in diesem Moment nicht an Stunden oder Minuten festmachte. Es mag sich jetzt vielleicht etwas komisch anhören, ich war in dem Moment aber überglücklich über meine Leistung, doch noch das Ziel erreicht und nicht aufgegeben zu haben. Ich denke ein „eiserner“ Willen hat seinen Teil dazu beigetragen, dass war mir in diesem Moment klar. Als ich dann den Stadionsprecher schon von weitem hörte und beim Einlauf ins Stadion, Heiko und Oliver Spitzhorn sah, die mich, wie so viele andere Vereinsmitglieder, das ganze Rennen über, immer wieder ganz toll anfeuerten (dafür danke ich Euch allen), bekam ich am ganzen Körper Gänsehaut und diese hatte ich mir auch redlich verdient. Nach 9:18:36 Std. war ich endlich im Ziel, zwar deutlich langsamer als ich mir vorgenommen hatte, aber eins steht fest, der Jubel im Ziel hätte an diesem Tage auch bei einer besseren Zeit nicht größer sein können.

Eins war mir im Ziel auch klar, man kann nicht verschiedene Rennen miteinander vergleichen und daraus mögliche Zeiten ableiten. Dadurch setzt man sich selbst unter Druck und unterschätzt die eigene Leistung vorausgegangener Rennen. Es besteht dabei einfach die Gefahr, dass man sich im Rennen nicht auf sich selbst konzentriert, sondern sich von äußeren Faktoren abhängig macht. Oftmals stellt man sich einen Plan, bei dem man von optimalen Bedingungen ausgeht. Dies verursacht zusätzlichen Stress und stört die innere Balance, wenn diese Bedingungen dann abweichen. Ich habe aus diesem Rennen einfach nur gelernt, Dinge anzunehmen, die nicht zu ändern sind und das Beste daraus zu machen, denn dies macht uns in unseren Entscheidungen frei.
Beim Quelle Challenge Roth 2005 habe ich meine erste und nun auch wohl meine vorerstletzte Langdistanz bestritten. Ob es tatsächlich meine letzte Langdistanz war, weiß ich selbst nicht richtig. Zum jetzigen Zeitpunkt wird man mich auf einer solchen Strecke vorerst aber nicht mehr sehen, wenn dann, eher nur als Zuschauer. Deshalb sag ich einfach nur:

„Challenge Roth 2011 – das war´s!“

Ich möchte aber an dieser Stelle nicht vergessen, nochmal allen Dank zu sagen. Danke an alle, die mich während der ganzen Zeit des Trainings für Roth oder auch im Wettkampf, in welcher Form auch immer, unterstützt haben. Bei einem solch aufwendigen Sport gilt der größte Dank aber sicherlich der eigenen Familie, die mich nicht nur unterstützt und mir so oft den Rücken frei gehalten haben, sondern dafür das ihr mich dabei einfach nur so „ausgehalten“ habt, wie ich bin.



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